Die Firma BSL wurde mit der Evaluation des LFB beauftragt und hat auf Insistieren des BDF nun auch den Auftrag, die Auswirkungen der faktischen Trennung von Hoheit und Forstbetrieb zu untersuchen.
Der BDF Brandenburg-Berlin hat dazu eine Stellungnahme abgegeben und sich eindeutig für die Wiedereinführung der Einheitsforstverwaltung am besten auf Revierebene, mindestens aber auf Ebene der Oberförsterei ausgesprochen. Damit könnten die natürlichen Synergieeffekte einer Flächenverwaltung genutzt werden, eine effizientere Aufgabenbündelung wäre möglich.
Hier unsere Argumente, die Sie auch in der Stellungnahme an BSL finden:
1. Flexibilität
Durch die Trennung von Hoheit und Betrieb wird das Personal spezialisiert (Landeswaldreviere zuständig für Waldbewirtschaftung, Waldbauverfahren etc.; Hoheitsreviere zuständig für Waldschutz, Waldpädagogik, Beratung und Förderung des privaten Waldbesitzers, behördliche Verfahren zur Durchsetzung des Waldgesetzes und Beteiligungsverfahren als Träger öffentlicher Belange).
Hält die Trennung nach Hoheits- und Landeswaldrevieren über viele Jahre oder wie in Brandenburg über den aktuell beginnenden Generationswechsel an, kann das spezialisierte Personal zukünftig kaum noch multivalent eingesetzt werden. Der flexible Einsatz des Personals durch den Arbeitgeber oder auch im persönlichen Interesse des Mitarbeiters wird damit nicht nur auf Revierebene erschwert bis unmöglich gemacht.
2. Wissen und Fachkompetenz
Zurzeit ist speziell der/die HoheitsrevierförsterIn für die forstliche Beratung des Privatwaldes zuständig. Allerdings bewirtschaftet er/sie selbst keinen Wald mehr, in dem die entsprechenden örtlichen Erfahrungen mit Baumarten oder verschiedenen Waldbauverfahren gesammelt werden können und die dann zur lokal fundierten Beratung und Anleitung von Waldbesitzern genutzt werden können. Von den aktuellen waldbaulichen Diskussionen und Strategieentscheidungen zur langfristigen Anpassung des Waldes in Brandenburg an den Klimawandel sind die Mitarbeitenden im Hoheitsbereich praktisch ausgeschlossen, der geistige Input wird nicht genutzt. Dabei sind die HoheitsförsterInnen für mehr als 70 % der Waldfläche des Landes in ihren Verantwortungsbereichen zuständig. Der Umsetzung waldbaulicher Zukunftsstrategien muss auf diesen Flächen angesichts sich stark wandelnder gesellschaftlicher und ökologischer Anforderungen an den Wald eine besondere Verantwortung beigemessen werden. Insbesondere die in Brandenburg nach 2011 eingestellten KollegInnen haben häufig keine Berufserfahrung in einem forstlichen Wirtschaftsbetrieb. Zwangsläufig nimmt die Beratungskompetenz der HoheitsrevierförsterInnen persönlich ungewollt mit der Zeit ab bzw. besteht nicht in der notwendigen Weise. Damit ist der LFB nur noch bedingt in der Lage, seine im Waldgesetz verankerte Aufgabe vollumfänglich und qualitativ hochwertig zu erfüllen
3. Verständnis für den anderen Bereich
Bei der Trennung von Hoheit und Betrieb geht der Blick für die Belange des anderen verloren und damit auch die Wahrnehmung der Verantwortung für das Ganze, denn jetzt ist es möglich, sich von der Gesamtverantwortung für die Fläche abzuwenden und hinter die Erfüllung seiner speziellen Aufgabe zurückzuziehen. Die strukturelle Forderung des BDF Brandenburg-Berlin nach einer Einheitsforstverwaltung auf Oberförstereiebene könnte hier ein Lösungsansatz sein. In gemeinsamen Dienstberatungen würde die gegenseitige Teilhabe an den Arbeitsinhalten des anderen Kollegen sichergestellt und ein weiteres fachliches Abdriften der „Revier-Spezialisten“ untereinander verhindert. Für den fachlichen Austausch und die tägliche Arbeit wichtige Arbeitskontakte zwischen dem Hoheits- und LandeswaldförsterInnen müssen nicht erst organisiert werden, sondern ergeben sich gratis. Flächenbezogene Aufgaben, für die Ortskenntnisse erforderlich sind wie z.B. der Waldbranddienst können auf die Schultern aller Mitarbeitenden in einem flächig umgrenzten Zuständigkeitsbereich verteilt werden.
4. Zusammenhalt der Beschäftigten
Forstleute in den Hoheitsrevieren fühlen sich häufig wie Förster 2. Klasse, weil sie keinen Wald mehr bewirtschaften dürfen. Für viele ist das aber das Berufsbild, für das sie innerlich brennen. Das wird durch die einschränkenden Regelungen zu Dienstleistungen aktuell verstärkt. Nimmt man dies, bedeutet das Demotivation, Verschwendung von Begeisterung, Einsatz und Humankapital. Wir sehen gerade, wie der Forstbetrieb auseinanderfällt.
5. Personal sinnvoll einsetzen, Synergieeffekte nutzen, mehr Handlungsoptionen
Spätestens der Großbrand in Treuenbrietzen hat Fragen bezüglich der Handlungsfähigkeit des Landesforstbetriebes in Krisensituationen aufgeworfen. Die Hoheitsoberförsterei als selbstständige Verwaltungseinheit hat keinen direkten Zugriff auf die Technikstützpunkte der Landeswaldoberförstereien. Die Landeswaldkollegen ihrerseits haben wiederum prinzipiell keine Veranlassung, Waldbrandtechnik und Bedienungspersonal für eine Aufgabe vorzuhalten, für die sie auf Grund der Spezialisierung nicht zuständig sind und das gilt grundsätzlich auch für einen Waldbrandbereitschaftsdienst.
Bei einer echten Einheitsforstverwaltung könnte das Fachpersonal des LFB, insbesondere die Forstwirte, aufgabenübergreifend eingesetzt werden. Somit wäre eine ganzjährige Beschäftigung in einem (!) definierten Territorium im Tätigkeitsbereich der Waldarbeit abgesichert.
6. Klare Zuständigkeiten
Durch die strikte Trennung von Landeswaldbewirtschaftung und Hoheitsaufgaben sind in Brandenburg aktuell zwei RevierförsterInnen für die gleiche Fläche im Landeswald zuständig. Da sich der wichtige und umfangreiche Aufgabenbereich des Waldschutzes als Pflichtaufgabe aus dem Waldgesetz ergibt und damit eine reine hoheitliche Aufgabe über alle Eigentumsarten darstellt, wurde sie vollumfänglich dem Hoheitsrevierförster zugeordnet. Damit ist er für die Erkennung und Buchung aller Waldschutz relevanten Vorgänge, vom Biberschaden über Schäden in Kulturen, der Koordinierung bei Waldbränden, bis hin zum Monitoring von zu Massenvermehrung neigenden Schadinsekten in Revieren mit einer Fläche von teilweise mehr als 16.000 ha verantwortlich, obwohl im Landeswald ein zuständiger Bewirtschafter die Waldflächen intensiv bewirtschaftet und eigentlich viel näher und detaillierter auf Waldschutzprobleme aufmerksam wird. Wichtige Überwachungsarbeiten wie die Winterbodensuche sind für den Gesamtwald die Aufgabe der wenigen verbliebenen Waldarbeiter in den Hoheitsoberförstereien. Aufgrund der Größe der Hoheitsreviere ist eine qualitative Verschlechterung der flächigen Waldschutzüberwachung strukturgegeben unausweichlich, die Revierleiter können diese Aufgaben teilweise nicht mehr entsprechend ihres eigenen Qualitäts- und Verantwortungsanspruchs erfüllen.
Glücklicherweise wird inzwischen der Landeswaldrevierförster nach einem schleichenden Prozess der unumgänglichen Notwendigkeit ebenfalls in das Waldschutzmonitoring einbezogen.
Das gleiche Bild zeigt sich beispielsweise bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten. In übergroßen Hoheitsrevieren kann dies faktisch nur punktuell erfolgen, es sei denn, die Anzeigen werden von Revierleitenden im Landeswald oder Dritten an den für die Bearbeitung zuständigen Revierleiter in der Hoheitsstruktur weitergegeben. Auch bei Planungsvorhaben, die Landeswaldflächen betreffen, müssen ggw. im Einzelfall drei Struktureinheiten den gleichen Vorgang bearbeiten (Landeswaldoberförsterei als Eigentümer fiskalisch, Oberförsterei als untere Forstbehörde hoheitlich, SE zur Bearbeitung Liegenschaften). Gegenwärtig müssen für gleiche Aufgaben in unterschiedlichen Struktureinheiten quasi doppelt Arbeitskapazitäten vorgehalten werden (Bsp. Bearbeitung Datenspeicher für Aktualisierung sowohl in Oberförsterei für Nichtlandeswald und Landeswaldoberförsterei für Landeswald).
7. Authentizität in der Waldpädagogik
Aktuell wird die Aufgabe der Waldpädagogik ausschließlich im Bereich Hoheit wahrgenommen. Neben den Waldschulen als professionelle Orte der Waldpädagogik haben die sogenannten Rucksackwaldschulen eine besondere Bedeutung. Hier soll der Förster, die Försterin aus dem gesamten Aufgabenkanon heraus authentisch den Kindern und Jugendlichen die Themen rund um Wald und Naturnutzung vermitteln. Mit dem vorgenannten Kompetenzverlust durch die Aufgabentrennung wird die Wirksamkeit der Waldpädagogik schrittweise reduziert.
8. Reviere werden kleiner, mehr Bürgernähe
Es zeigt sich, dass auch 9 Jahren nach dem Ende der Einheitsforstverwaltung die Bürger nicht wissen, an wen sie sich mit Ihren Anliegen wenden können, wer für sie zuständig ist. Das ist wenig transparent und bürgernah. Der sachliche und zeitliche Aufwand zur Informationsweitergabe sowohl an Dritte als auch innerhalb der gegenwärtigen Strukturen ist bei einem Großteil von Anfragen gegenwärtig unangemessen bezogen auf den zeitlichen Aufwand der eigentlichen Aufgabenerledigung.
Sinnvoller wäre ein Einheitsrevier, mit einer/m RevierleiterIn vor Ort als Ansprechpartner, das natürlich dann auch kleiner wäre. Damit sparte man erhebliche Fahrtwege, damit Zeit, Ressourcen und letztlich Geld.
Daher fordert der BDF, die Einheitsforstverwaltung wieder einzuführen, am besten auf Revierebene, mindestens aber auf Ebene der Oberförsterei. Damit könnten die natürlichen Synergieeffekte einer Flächenverwaltung genutzt werden, eine effizientere Aufgabenbündelung, wie die Zuständigkeit eines Landeswaldförsters auch für Brandschutz- und Waldschutzaufgaben, wäre möglich.
Auf Oberförstereiebene könnte es dennoch Spezialisten geben. So wäre es durchaus denkbar, innerhalb einer Oberförsterei MitarbeiterInnen mit einer speziellen Aufgabe zu betrauen (Bsp. Stellungnahmen Träger öffentlicher Belange, Genehmigungsverfahren), die er/sie dann (natürlich eingruppierungsrelevant) ebenfalls öfter und speziell nur er/sie wahrnimmt. Vor allem aber wäre dies möglich, ohne bei jedem Vorgang quer durch Brandenburg fahren zu müssen.
BSL hatte zudem Argumente für die Trennung und gegen die Einheitsforstverwaltung übersandt, auf die wir mit kurzen Bemerkungen antworten, sofern sie in den vorstehenden grundsätzlichen Ausführungen nicht schon enthalten sind:
a) Forstbehörde kontrolliert sich in Einheitsforstverwaltung selbst
Dieses Argument trifft, wie hier formuliert, pauschal für alle Behörden dieses Landes zu, da es sich um die untere Forstbehörde als eine untere Landesbehörde handelt, so auch für Polizei, Schulbehörden etc..
Die aktuelle Struktur sieht jedoch schon die fachliche Kontrolle durch die Betriebszentrale und weiter durch die oberste Forstbehörde vor, zudem wird der gesamte Betrieb alle 10 Jahre durch die Forsteinrichtung überprüft. Wenn für Erstaufforstungs-, Umwandlungsgenehmigungen etc. ein unbeteiligter Kollege zuständig sein sollte, könnte diese Aufgabe auch der Reviernachbar übernehmen, damit würde wie jetzt auch ein staatlich Bediensteter (im Normalfall sogar Beamter) einen anderen kontrollieren, ohne eine formale Doppelstruktur.
Meines Wissens gibt es in den letzten neun Jahren in Brandenburg keinen Fall, in denen ein Hoheitsförster im Landeswald einen ungenehmigten Kahlschlag oder andere Verstöße gegen das LWaldG angezeigt hat und der entsprechende Landesförster daraufhin disziplinarisch belangt wurde. Es ist davon auszugehen, dass die brandenburger Forstleute ihre Aufgaben hochmotiviert, sachgerecht und bestens qualifiziert erledigen.
Zudem hat die Trennung von Hoheit und Betrieb nur zum geringsten Teil eine Kontrollfunktion (vielleicht 5 %?). Eigentlich ist es eine funktionale Trennung: Die Aufgaben als Träger Öffentlicher Belange, Waldpädagogik, Beratung und Betreuung des Privatwald etc. macht den weit überwiegenden Teil des Aufgabenportfolios aus.
b) Unübersichtliches Aufgabenportfolio auf Revierebene
Das Aufgabenportfolio ist nicht unübersichtlich, sondern anspruchsvoll, was sich regelmäßig bei der Stellenbewertung zeigt. Reine Waldbewirtschaftung führt aktuell meistens zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 9, Aufgabenvielfalt bzw. mehrere Rechtsgebiete werden höher bewertet. Das anspruchsvolle Aufgabenportfolio wird im Übrigen in vielen Bundesländern mit Einheitsforstverwaltung (Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Berlin, Baden-Württemberg, NRW, Saarland) im Revier bewältigt. Unsere KollegInnen haben das bis 2012 auch geschafft.
c) Depriorisierung hoheitlicher Aufgaben durch Fokus auf Wirtschaft
Diese Aussage bzw. Vermutung ist so pauschal formuliert schlicht falsch. Es findet immer eine (De)Priorisierung statt. So kann die Waldbewirtschafterin den Fokus stärker auf Naturschutz oder Jagd legen und die Hoheitskollegin auf Waldpädagogik. Wo ist da der Unterschied? Folgt man dem Risikoszenario der Depriorisierung, wäre eine noch weiter führende Spezialisierung ggf. angezeigt. Wir sagen dazu NEIN. Verbunden mit einem vernünftigen Vorbereitungsdienst (Anwärter, Referendar) sind KollegInnen befähigt, alle Aufgaben gleich gut zu erledigen. Führungskräfte sind zu schulen und gleichfalls in die Verantwortung zu nehmen, die qualitativ gut ausgewogene Erledigung aller Aufgaben zu steuern oder situationsbedingt im Zuständigkeitsbereich auch eine bewusste Priorisierung von Aufgaben vorzunehmen, beispielsweise in Krisensituationen wie Sturmschäden oder Insektenkalamitäten.
d) Uneinheitliches Profil der Reviere durch Fehlen von Landeswald in einigen Regionen
Das Argument ist pauschal unzutreffend. Das Profil der Reviere wird immer unterschiedlich sein. Ein Landeswaldrevier im Ballungsraum hat mit Verkehrssicherung, Besucherlenkung und Öffentlichkeitsarbeit (um Verständnis für Bewirtschaftungsmaßnahmen und die Jagd zu erzeugen) ein völlig anderes Profil als z.B. in der Schorfheide. Gleiches gilt für den Bereich Hoheit, wo TÖB-Verfahren, Genehmigungsverfahren und OWiG-Verfahren völlig differieren zwischen Ballungsraum und ländlichen Gebieten.
e) Geringe Bereitschaft für weitere Veränderungen durch div. Reformen in jüngerer Vergangenheit
Dabei handelt es sich eher um ein sogenanntes „Totschlagargument“ und hier wahrscheinlich auch nur für den geringeren Teil der Beschäftigten. Es könnte auch im Gegensatz dazu formuliert werden, dass die Bereitschaft für langfristig (!!!) sinnvolle Strukturen als echte Einheitsforstverwaltung induziert werden kann und so die Attraktivität des LFB für neue, junge, sehr gute KollegInnen extrem gesteigert wird. Denn die aktuelle Trennung verbunden mit der im Bundesvergleich schlechten Bezahlung ist für den LFB ein erheblicher Wettbewerbsnachteil bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung. Wenn man die Mitarbeitergewinnung und -bindung als überlebenswichtigen Aspekt bei der Zukunftsgestaltung des LFB erkennen würde, wäre es ein Hauptargument gegen die Trennung und für Veränderung!
Hier finden Sie unsere Stellungnahme als PDF